Allgemein, Liebe, Life Hacks

Die Scham in der Co-Abhängigkeit

Viele Neuzeit-Gurus, seien es „ratgebende“ Bücher, Personen, Influencer, etc. wollen uns weise machen, das abhängig sein schlecht ist.

Du bist alles was du brauchst. Du brauchst niemanden und nichts anders. Du bist göttlich. Erst wenn du diesen Status erreicht hast, indem du ihn nicht brauchst, kennst du bedingungslose Liebe.

Es gibt inzwischen Baby-Pods wo Säuglinge großgezogen werden können ohne jemals mit den Eltern in echtem Kontakt zu kommen. Stolz macht uns die moderne Wissenschaft, wie wir unabhängig von der Natur Fleisch und Gemüse in Genfabriken produzieren können. Als ob ein geklontes Stück Fleisch dasselbe gibt wie ein Rind, das in der Welt aufwuchs und unser Respekt und Anerkennung erhält. Ein anderes Thema…

Aber wie sähe eine Zukunft aus, wo wir die Erde nicht mehr brauchen…wo Kinder ihre Eltern nicht mehr bräuchten, wo Frauen Männer nicht mehr bräuchten (bzw. denken wir bräuchten die nicht?)

wie sähe eine Zukunft aus, wo wir die Erde nicht mehr brauchen…wo Kinder ihre Eltern nicht mehr bräuchten, wo Frauen Männer nicht mehr bräuchten…

Kurzum, ich bin NICHT mit dieser Unabhängigkeitsbewegung einverstanden.

Autonomität, Selbst-ist-die-Frau, der Mann der in Rage alles von sich stoßt. Die meisten finden Stolz darin ein Individuum zu sein und sind sich selbst nicht klar, was Gesellschaft wirklich bedeutet. Es ist cool und hip „interdependent“ zu sein, abzulehnen dagegen ist die „co-abhängigkeit“. Ja, die letzte soll sogar ungesund und schädlich sein.

Ist sie nun wirklich?

Ich sage NEIN. Es besteht keine Scham darin, sich gegenseitig zu brauchen. Denn darauf basiert die ganze Menschlichkeit. Darauf basierten unsere Existenz und unser Überleben. Gott zu brauchen, sich gegenseitig zu brauchen, die Natur zu brauchen und gebraucht zu werden.

Es besteht keine Scham darin, sich gegenseitig zu brauchen. Denn darauf basiert die ganze Menschlichkeit.

Es geht nicht darum, ob man sich gegenseitig braucht. Es ist auch nicht die Frage, wen oder was man braucht. Die wichtige Frage vielmehr ist es – meiner Ansicht nach – WESHALB wir etwas bzw. jemanden brauchen. Und da stellt sich die Frage, ist es was schamvolles? Lass uns mal ein paar Beispielfälle durchgehen:

Beispiel 1: Das Kind braucht seine Mutter denn ohne sie wird es nicht überleben. Ist das auch nicht bedingungslose Liebe zwischen Kind und Mutter, auch wenn das Überleben daran hängt? Ist es etwas schamvolles?

Beispiel 2: Die Frau hängt von ihrem Mann finanziell ab. Er arbeitet und somit kann sie sich um die Kinder kümmern. Und vielleicht auch nebenbei ihr Business aufbauen, auf dem sie aber für Ihre Existenz nicht angewiesen ist. Ist das schamvoll? Ist das schlimm? Ist sie nun weniger Wert? Ist das auch nicht bedingungslose Liebe?

Beispiel 3: Ein Cannabissüchtiger hat nie gelernt mit Stress umzugehen. Um überhaupt in dieser Welt klarzukommen, braucht er regelmäßig Cannabis um nicht am Stress zu zerbrechen. Ist es etwas schamvolles?

Süchte kann ich generell nicht gutheißen, denn eine Sucht hat etwas von „Zwang“ und nimmt uns ein gutes Stück Freiheit weg. Dennoch haben sie ihre Berechtigung und es ist nichts schamvolles dabei, einen Ausweg zu suchen – selbst wenn es nicht der Beste ist. Es ist der Beste den zur Verfügung stand, sonst hätte jeder was besseres gewählt.

Aber das ist auch nicht das Thema für heute. Es geht ja um Abhängigkeit. Bei der Abhängigkeit interessiert vielmehr der Hintergrund und, ob es Leidensdruck gibt und, ob es der Person schadet und die Freiheit raubt. Und das muss jeder für sich entscheiden.

Kodependenz vs. Interdependenz

Das erste Mal wo ich über Interdependence lernte war im Kontext der Wirtschaft. Ich gebe dir Tomaten, du gibst mir Reis. Internationale Interdependez = Globalisierung. Dazu können wir alle unsere eigene Meinung bilden was das brachte.  Im Endeffekt bleibt bei mir die Frage, wie soll das im Menschlichen Kontext übertragen sollen? Ich habe z.B. das Gefühl, Codependenz wird in Beziehungen als Krankheit gesehen und Interdependenz dagegen gefördert. Warum?

Da ich so ein Fan von Wörter und Definitionen bin: Co=gemeinsam, Inter=zwischen, Dependenz=Verlass/Abhängigkeit. Bei „co“ denke ich automatisch Kooperation, Koexistenz, Koregulierung. Steht es nicht in unserer Menschlichkeit und unserer Natur, sich einander anzupassen, sich gegenseitig zu spiegeln (ich denke da an den Spiegelneuronen), und in gewisserweise coabhängig zu sein? Ist es nicht so wie wir gedeihen und wachsen? Hat es nicht einen schöneren Klang wenn du sagst, wir verlassen uns auf einander, wir sind COdependent als wenn du sagst wir haben Verlass zwischen uns, INTERdependent? Was soll das letztere überhaupt bedeuten?! Ist ein gutes Team co- oder interdependent? Die früheren Jäger waren voll von einander abhängig, hat einer nicht richtig aufgepasst wurden vielleicht dann alle vom Löwen gefressen. Aber ist das schlimm? Nein, dadurch mussten die Einzelnen mehr Verantwortung, Fokus, Zusammenhalt, Strategie, etc. lernen.  Kann es sein, dass Koabhängigkeit uns individuell stärkt?

Ich bin dafür, dass abhängig voneinander zu sein was SCHÖNES ist und worauf wir STOLZ sein dürfen.

Bindung, Verbindung, Zugehörigkeit…das gibt Sicherheit. Und desto sicherer wir uns fühlen, desto mehr wir uns trauen nach außen zu gehen. Glaub mir. Ein Kind das weißt, dass die Mutter da ist, wird sich umso mehr trauen mehr zu erforschen. Ein Mann der weiß, dass seine Frau an seiner Seite stehen wird, wird sich wagen auch zu scheitern. Ist das nicht was Schönes? Soll das nicht gefördert werden?

Bindung, Verbindung, Zugehörigkeit…das gibt Sicherheit.

Bedingungslose Selbstliebe ist zu wissen und akzeptieren, dass wir alle unsere Schwächen haben und uns es TROTZDEM zu gönnen, diese Lücken zu füllen. Anderen zu erlauben uns zu ergänzen, wie Puzzelstücke uns zu vervollständigen. Denn haben wir es nicht verdient alles zu haben, ohne dabei selber und allein alles beschaffen zu müssen? Ist es nicht starke und bedingungslose Liebe uns selbst dies zu erlauben? Anderen zu erlauben uns zu helfen?

Haben wir es nicht verdient alles zu haben, ohne dabei selber und allein alles beschaffen zu müssen?

Kodependenz ist nicht das Problem. Meiner Ansicht nach ist es, nicht gelernt zu haben Grenzen einzuhalten, oder für sich einzustehen, zu kommunizieren oder sich selbst, seine Bedürfnisse und Wünsche zu verstehen. Sich selbst glücklich zu machen, zu verwirklichen, ganz schlichtweg die eigene Verwahrlosung. 

Die Frage ist, wen oder was wähle ich als mein Gegenstück bzw. in meinem engen Kreis? Und warum? 😉

 

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