Emotionale Abhängigkeit? „Zu viel“ geliebt? Guilty as Fuck.
Als Einzelkind musste ich früh lernen mich um mich selbst zu kümmern. Zum Teil war ich auch für meine Eltern verantwortlich. Total idealisiert wurden sie, die einzige Familie die ich hatte. Meine Heros. Auf sie war ich angewiesen. Über Emotionen wurde nicht gesprochen und als sie sich streiteten, versuchte ich total verängstigt alles zu reparieren. Oft war ich allein. Und dazu kommen natürlich viele andere Themen auf die ich jetzt nicht eingehen muss. Schlussendlich hab ich früh gelernt unabhängig zu sein, obwohl ich das nicht wirklich war. Früh lernte ich, durch das Kümmern zu verhindern, dass ich abgelehnt werde. So fing es an.
„Pam’s pattern of developing relationships in which her role was to understand, encourage, and improve her partner is a formula often employed by women who love too much, and it usually yields exactly the opposite of the hoped-for result. Rather than a grateful, loyal partner who is bonded to her through his devotion and his dependence, such a woman finds she soon has a man who is increasingly rebellious, resentful, and critical of her. Out of his own need to maintain his autonomy and self-respect, he must cease to see her as the solution to all his problems, and make her instead the source of many if not most of them.“ #RobinNorwood
„Pams Beziehungsmuster, in dem es ihre Rolle war, ihren Partner zu verstehen, zu ermutigen und zu verbessern, ist eine Formel, die oft von Frauen verwendet wird, die zu sehr lieben, und die normalerweise genau das Gegenteil des erhofften Ergebnisses liefert. Anstelle eines dankbaren, treuen Partners, der ihr durch seine Hingabe und seine Abhängigkeit verbunden ist, findet eine solche Frau bald einen Mann, der ihr gegenüber zunehmend rebellisch, nachtragend und kritisch wird. Aus seinem eigenen Bedürfnis heraus, seine Autonomie und Selbstachtung zu wahren, muss er aufhören, sie als die Lösung all seiner Probleme zu sehen, und sie stattdessen zur Quelle vieler, wenn nicht der meisten von ihnen machen.“
Zwei Beziehungen habe ich jetzt durch, wo dasselbe mir vorgeworfen wurde. Der Mann hat sich verloren, er weiß nicht mehr wer er sei. Ich sei an allem Schuld. Angeschrien und beleidigt. Zu viel verlangt habe ich. Ich habe mich so um ihn gekümmert. Versucht für ihn alles zu lösen. Abgelehnt wurde ich trotzdem. Zwei Mal in der Reihe. Kein Zufall.
Sicherlich gibt es mehrere Probleme, aber ich glaube das war das Größte. Männer mit wenig Selbstwert, die mich aufsuchten weil ich die „Unabhängigere“ bin und viel Liebe hab und versprach. Die ich aufsuchte, weil ich sie „gut tue“. Desto mehr ich sie idealisierte, sie vergötterte, sie aufbaute und für sie da war, desto destruktiver wurden sie. Desto größer die Ablehnung. Aus Verständnis darüber, dass er gerade schwach sei, und ihn nicht allein lassen zu wollen (und seien wir ehrlich, aus Angst verlassen zu werden wenn ich das nicht tue), blieb ich an der Seite und versuchte umso mehr sie in ihrer Stärke zu lieben. Die Stärke die ich in denen sah. Doch damit machte ich sie tatsächlich noch schwächer, erstickte sie mit dem indirekten Druck so zu sein wie ich sie sah. So zu sein wie sie sich NICHT sahen. Jetzt…bis ich darauf kam! Meine Partner haben es selbst nicht geschnallt.
Loslassen! Du kannst andere nicht mit deiner Selbstliebe bzw. Liebe heilen!!! Die Heilung geschieht NUR mit der eigenen Selbstliebe, da muss jeder selber durch. Obwohl ich bereits Meister vom Loslassen des Materiellen und auch sogar der eigenen Identität war, fehlte noch die Lehre des Loslassens der Menschen mit dem ich mich intimst verbunden habe: romantische Partner
Harmonie ist ein Prozess durch Extreme
Beim Lernen kommt es oft vor, dass man von einem Extrem zum anderem pendelt, bis man die gesunde Mitte gefunden hat. Mal hab ich mich gar nicht gekümmert, dann zu viel (dabei den anderen erstickt). Mal gar keine Gefallen angenommen, mal zu viel machen lassen (abhängig geworden). In dem ganzen Prozess kann ich nur bestätigen, wie wichtig es gewesen ist, geduldig und liebevoll mit dem Selbst zu bleiben. Rückfälle sind normal und die können immer passieren. So what?
Es war einfach, selbst ist die Frau. Auf sich selbst ist Verlass, Frauenpower, etc. etc. Irgendwann lernte ich zum Glück Hilfe, Geschenke und ähnliches anzunehmen, jedoch damals auch NUR unter der Bedingung „zurückzahlen“ zu dürfen…zu müssen. Da kam ich zum Glück auch raus. Oh ja, ich lass mich heute gerne verwöhnen. Einfach so. Ohne Grund (oder auch mit).
Dann ging es darum zu Geben, zu Kümmern…das destruktive Helfersyndrom…“Zu viel geliebt“. Gekränkt wenn meine Hilfe nicht angenommen wurde, süchtig es zu tun. Süchtig anderen den Weg zu zeigen, ich seh den Schmerz der die Person betrifft und möchte denen davon befreien! Weil ich es ja „besser“ weiß? Das ist respektlos gegenüber dem Prozess des Anderens. Unverlangt. Toxisch. Das dauerte etwas länger, aber Gott sei Dank lernte ich das auch. Ich betrachtete mich im Spiegel in aller Schönheit und Hässlichkeit und verstand irgendwann der egoistische Beweggrund (Kontrolle – Lebensthema) hinter vieler meiner Initiativen. Nicht einfach, schmerzhaft, und so ein Prozess! Erst als ich mich voll und ganz annehmen konnte, lernte ich diese selbst-schädigende Muster zu durchbrechen. Und das klingt leicht, war es aber nicht. Denn jedes Mal musste ich ins volle Gefühl gehen. Und mich in der Ungemütlichkeit gedulden.
Na klar, es hilft unglaublich viel wenn der ‚Geholfene‘, wenn es ihm/ihr schadet, es merkt und auch deutlich und direkt kommuniziert. Sonst ist es echt nur ein Rätseln und ach-so-schwer selbst dahinter zu kommen. Wie denn auch? Um uns herum wird überall propagiert, wir sollen helfen und andere aufbauen und coachen und da sein. Und selbst will man das vielleicht auch, weil man selber weiß wie es ist, im Loch zu stecken!
Aber sich um einander zu kümmern gehört doch dazu! Oder?
Kümmern, (be)schützen, versorgen, verwöhnen, helfen, supporten, etc…für viele eine Selbstverständlichkeit. Ist es so?
„I did not know that help is the sunny side of control“ #AnneLamott
„Ich wusste nicht, dass Hilfe die Sonnenseite der Kontrolle ist“
Ich sag, JA. Dennoch NUR wenn keine Erwartung daran hängt. Das Leben ist ein Geben und Nehmen, ein Festhalten und Loslassen, ein Ab und Auf. „No strings attached“. Freilich, das „richtige“ Geben und Nehmen, das richtige Kümmern und Versorgen ohne sich aufzuopfern, geht nur wenn wir in uns mit uns selbst ganz sind. Denn sonst dient es tatsächlich als Art Kontrolle. Unangebracht versuchen über andere dein Leben im Griff zu bekommen. Ablehnung zu verhindern. Vielleicht sogar Sicherheit zu etablieren.
Absolute Vollkommenheit. Selbstliebe.
Absolutes Sein.
Ich bin zwar immer noch am Üben und Lernen, es befreiend so weit zu kommen! 😉 Das Traurige ist jedoch wenn man in so einer dysfunktionalen Beziehung steckt und sich allein weiter entwickelt, allein bereit ist in den Spiegel zu schauen, zu wachsen und eventuell auch Hilfe zu holen dann bricht das gesamte Konstrukt. Da kann nur gute Kommunikation helfen, das konnten wir beide nicht. Wahrscheinlich fühlte er sich mit meiner neuen Attitude „im Stich gelassen“. Ich frage mich auch, ob er mir tatsächlich so selbstlos half, denn er tat das und ich bewunderte das sehr. Vielleicht ging es, wie bei mir, um es wieder gut zu machen? Ob er auf meine Komplimente angewiesen war, obwohl sie ihn zeitgleich zerstörten? Da kann ich nur rätseln, denn darauf kann nur er drauf kommen. Aber ja, ich war für mein Part definitiv am Anfang so.
Zulassen zu können, dass jemand sich um dich kümmert wie auch sich um jemanden kümmern zu können OHNE darauf angewiesen zu sein. Ohne davon (emotional) abhängig zu sein.
Das ist ein Lebensprinzip!
Und wisst ihr was? Dazu braucht es eine innerlich so ausgeglichene Person.
Wenn jemand dir sagt, Komplimente lehnt er/sie grundsätzlich ab. Dann weißt Bescheid…
„Acceptance is the antithesis of denial and control. It is a willingness to recognize what reality is and to allow that reality to be, without a need to change it. Therein lies a happiness that issues not from manipulating outside conditions or people, but from developing inner peace, even in the face of challenges and difficulties.“ Robin Norwood
„Akzeptanz ist das Gegenteil von Verleugnung und Kontrolle. Es ist die Bereitschaft zu erkennen, was Realität ist, und diese Realität zuzulassen, ohne sie ändern zu müssen. Darin liegt ein Glück, das nicht aus der Manipulation äußerer Bedingungen oder Menschen entsteht, sondern aus der Entwicklung eines inneren Friedens, auch angesichts von Herausforderungen und Schwierigkeiten.“
Sein und sein lassen.
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