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Achtsamkeit, Allgemein, Life Hacks

Atme Durch dein Schmerz

Impulsivität hat mich schon immer begleitet. Und wenn etwas mir meine ehemalige Essstörung, BPD, Kontrollwahn, usw. beigebracht haben ist es, dass ALLES warten kann. Nichts muss sofort erledigt, geklärt oder getan werden (außer wir reden von z.B. Bewegungen in bestimmten (Extrem-) Sportarten…aber auch die geschehen eigentlich irgendwann von selbst). Ihr versteht glaube ich schon, worauf ich hinaus will.

Hiermit meine ich diesen starken Bedarf die eigenen Verletzungen und Emotionen, die eigenen Schmerzen, in auftretenden Situationen sofort klären und lösen zu müssen. Diese zu verdrängen oder zu betäuben. Von denen wegzurennen. Dabei ist es leider dann eher so, dass auf langer Sicht dieses „schnelle Lösen“ eher die Schmerzen vergrößert bzw. verschlimmert. Impulsivität kann ein authentischer Ausdruck des Selbst sein, allerdings war das in meinen damaligen aus Traumata stammenden Bewältigungsmechanismen nicht so. Geduld und Ausdauer sind dazu wichtige Werkzeuge gewesen. Die gute Nachricht: jeder kann diese lernen.

Lebe dein Schmerz

Ein ganz wesentlicher Teil meiner Heilung war es zu lernen die Schmerzen (emotional und körperlich) zuzulassen und zu akzeptieren, diese zu erleben und auch loszulassen. Ich möchte mich hier nicht zu sehr ins Detail stürzen. Damit könnte ich sicherlich Bücher füllen, und dazu gibt es bereits auch schon viele Bücher (siehe Buchempfehlung unten). Im Wesentlichen jedoch kann ich voller Überzeugung mitteilen, dass das Atmen durch bzw. das gleichzeitige Verweilen in einer unbequemen Situation…der Rote Faden in meiner ganzheitlichen Heilung war und ist.

Ich werde hierzu ein paar Schlüsselschritte, die für mich in diesem Prozess wichtig gewesen sind. Vielleicht dienen sie auch für dich als Impulse. Es lohnt sich, es auszuprobieren!

Im Grunde ist es: Wahrnehmen, Akzeptieren, Fühlen und Loslassen

1. Atmung Wahrnehmen

Die Atmung als Sprache des eigenen Körpers lernen wahrzunehmen war für mich ein Schlüsselmoment. Über Achtsamkeitsübungen und Meditationen lernte ich schnell meine Atmung zu beobachten und auch zu steuern. Allerdings dauerte es etwas bis ich daraus eine Gewohnheit machte, im Alltag meine Atmung nachzusehen. Denn mein Alltag war hektisch, es gab viel Anspannung, viel zu tun, viel zu erleben und zudem floss viel Energie darin, mein Inneres in bestimmten Bereichen zu beschützen bzw. zu verdrängen.

Mach es zur Gewohnheit, zur Not stell dir einen Wecker (und ignoriere den nicht!) um ab und zu deine Atmung kurz zu beobachten. Ohne sie zu beurteilen (wichtig!). Wenn du kannst, mach dir eine kurze Notiz davon und schreibe auf was du gerade machst. Wenn das irgendwann gut klappt und du auch Zeit hast, kannst du im  Moment mit Neugierde dich selbst fragen, was wohl dein Gefühl gerade ist und, wenn du sehr mutig bist, tauchst du mit deiner Neugierde tiefer ein und erkundest die tieferliegende Emotion. Mach dir aber nicht allzu viel Druck wenn nichts kommt, mach dir einfach eine Notiz und kehre ein anderes Mal zurück. Chancen sind groß, dass eine ähnliche Situation wieder auftaucht.

2. Emotion und Situation Anerkennen

Irgendwann wird dir eine Emotion (bzw. mehrere Emotionen), die du in dir trägst, bewusst. Das ist menschlich und, wie eine Wolke, ziehen auch die irgendwann vorbei. Also erkenn das Gefühl und die darunter liegende Emotion für das was es ist an, ohne dich oder es zu verurteilen. Und beobachte dich dabei. Beobachte deine Atmung und die damit auftretenden Gedanken. Akzeptiere auch die als Teil des Menschseins. Sei dir bewusst, dass du hier nicht alleine bist. Falls Gefühle von Schuld oder Scham wegen diese Gedanken auftauchen, beobachte auch diese und erkenne die an. Und wenn du kannst, nimm es mit etwas Humor und Neugierde an.

Warum ist das so wichtig? Weil, auch wenn unsere Gedanken und Emotionen uns nicht definieren, sind sie dennoch ein Teil vom Menschsein. Und wenn wir die ablehnen, lehnen wir ein Teil von uns ab. Wie nennt man das? Spaltung. Wo findet sonst in uns Spaltung statt? Bei Trauma. So ist es.

3. Sich der Emotion ergeben

Was würdest du in dem Moment am liebsten tun? Was tut es mit dir, nichts zu tun und einfach zu beobachten? Das kann sehr triggernd sein. Emotionen sind da um gespürt zu werden. Und auch, um uns etwas zu zeigen. Wenn wir es zur Gewohnheit machen die zu ignorieren oder zu unterdrücken, dann meldet sich der Körper irgendwann in Form von Krankheit. Das wollen wir nicht. Es lohnt sich stattdessen die Gewohnheit anzueignen, uns der Emotion zu stellen. Diese anzuerkennen damit sie irgendwann auch vorbeiziehen kann. Bevor sie jedoch weiterziehen kann, möchte sie gefühlt werden. Vor allem die Emotionen Schuld und Scham stecken oft im Hintergrund vieler Gefühle. Aber wir alle wissen, dass langfristige Scham oder Schuld niemandem was bringt.

Sich einer Emotion zu ergeben mag das Schwierigste von Allem sein. Denn häufig sind es die schweren Gefühle, die verdrängt werden. Warum wohl? Weil die schmerzen! (Obwohl es auch diejenigen gibt, die sich Gefühle der Freude nicht zulassen, aber auch hier steckt nach tieferem Graben oft Emotionen wie Angst, Schuld und/oder Scham.

Wenn ich sage, dass die Emotion gefühlt werden soll, meine ich damit nicht, dass du jetzt mit dem Verstand versuchen solltest das Gefühl zu zerlegen, zu analysieren und zu verstehen. Das darfst du machen, aber das ist auch eine Form der Ablenkung und der Verdrängung. Konzentriere dich wirklich nur auf das Gefühl.

Und wenn ich sage, dass die Emotion gefühlt werden soll, meine ich damit auch nicht, dass du bei Wut anfängst deinen Freunden anzuschreien oder die Spielzeuge deiner Kinder kaputt zu machen. Nein. Deine Wut ist für dich. Zerschmettere gerne ein paar alte und bedeutungslose Teller, haue auf dein Kissen oder tanze deine Wut für dich aus. Mach das mit dir selbst aus.

4. Das Schwere loslassen & Platz für Leichtes schaffen

Sage Schluss dazu, dass die Emotionen über dein Leben und deine Aktionen Kontrolle führen. Ergebe dich im Kampf gegen sie. Den wirst du eh nicht gewinnen (als ehemalige Borderlinerin kann ich das rot und fett unterstreichen). Und stattdessen, gib sie deine Aufmerksamkeit. Lass mich das so umformulieren: wenn du ein schmerzendes Kind an der Straße siehst, würdest du es ignorieren oder sogar wegschubsen (soll es woanders heulen)? Nein! So solltest du auch nicht dein schmerzendes Anteil ignorieren. Liebe dich. Alles an und in dir.

Wenn es eine sehr starke Emotion ist, wie zum Beispiel Trauer durch einen Todesfall oder Trennung, gönn dir ab und zu Pausen. Irgendwann ist man auch erschöpft, gönn dir ein paar Pausen und lenk dich gerne wieder ab oder tu was anderes. Vielleicht kannst du sogar Freude in etwas finden? Das Loslassen kommt, meiner Erfahrung nach, oft automatisch mit Zeit und der richtigen Intention. Ich kombiniere dazu, wenn es ein größeres Thema ist, oft gerne bestimmte Rituale.

Und noch ganz wichtig

Oft handelt es sich um Schichten von Emotionen. Wie eine Zwiebel gepellt wird, durfte ich durch meine eigenen Emotionen und Traumatas arbeiten, manchmal gab es zu einem Thema verschiedene Faceten. Manchmal ist es mit einem Gedankenzug getan. Manchmal taucht es wieder auf und ich entdecke was tiefgründigeres. Ich weiß nicht, ob das jetzt der richtige Weg ist oder nicht. Das könnt ihr nur für euch entscheiden. Für mich war es jedoch so und mir hat es immer sehr geholfen geduldig und liebevoll mit mir selbst zu sein. Wie bei meiner Angstbewältigung beim Surfen (10 Jahre!), manchmal dauerts einfach. Und manchmal versteht man nicht wieso oder weshalb sich etwas so anfühlt, wie ich bis heute nicht verstehe warum ich Angst hatte im Meer. Mir ist kein Trauma bewusst, ich liebe schon immer darin zu schwimmen.

Doch das ist ja auch die Krux der Sache. Manchmal bring der Verstand uns zur Erkenntnis. Manchmal geht es nur ums Fühlen. Manchmal um beides. Verstehen kann, muss aber nicht sein. Es gibt keine Pauschalantwort für alle. Wie wir alle unseren eigenen Weg gehen, wirst auch du deinen eigenen wunderschönen Weg finden und gehen. Vertraue darauf 🙂

Yoga, Verbindung zum Selbst und zu Gott

Es gab mal eine Zeit, in der ich mit Yoga nichts anfangen konnte. Oh gott, allein der Gedanke in einer Pose und der Schmerz der gestreckten Sehnen in Stille gefühlte minutenlang durchzuhalten, Dafür war ich damals weit weg von bereit. Dann fing ich irgendwann Power-Yoga als schnelles Warm-Up oder zur Dehnung nach dem „echten“ hoch-adrenalin Sport zu nutzen.

Heute kann es nicht langsam genug sein und ich merke auch die parallele zu meiner persönlichen Entwicklung zu meiner Yogaausübung. Tatsächlich ist Yoga für mich eine spirituelle Übung. Kein Sport. Es muss nicht lange sein, manchmal nur 15 Minuten, manchmal aber auch 90 Minuten. Aber es gehört inzwischen zum Alltag. Und auch hier merke ich wie Yoga die Verbindung zum Selbst und zu Gott, zum Leben, zur Natur stärkt.

Ich sehe hier tatsächlich viele parallele zur Weisheit des Lebens:

Atmen ist ganz wichtig. Sie begleitet die Bewegung und auch die Stille beim Yoga. Die Bewegungen sind langsam, darin liegt die Kunst. Es gibt keine Eile. Alles kann warten. In den Bewegungen gehst du sanft mit dir um, testest deine Grenzen, aber überschreitest die nicht. Und den Schmerz bei der Übung, sei es Dehnung oder Anspannung? Na, atmen! Und spüren!!

Du lernst auch deinem Körper zuzuhören, was braucht er gerade? Welche Pose wäre gut und kann ich noch integrieren? Drückt der Schuh? Und dabei begleitet dich die Sonne und der leichte Wind in der Umgebung. Riecht es nach Meer? Wald? Essen? Und irgendwann ist gar nichts mehr. Nur die Stille und dein Körper.

Ich hatte früher vor allem bei den Dehnposen extremst Blockaden. Ich konnte nur oberflächlich atmen, ich war unruhig und innen sehr angespannt. Eine große Frustrationswelle baute sich intern auf, ein großer Juckreiz der drohte zu explodieren. Es macht kein Sinn so wie ich es schreibe, aber so fühlte es sich an. Mega unangenehm. Irgendwann lernte ich das anzunehmen, anstatt es zu ignorieren, es durch mein Körper vibrieren zu lassen und stetig zu atmen. Wie ein fetter Kloß sprudelte es von der Wurzelchakra bis zur Halschakra und würgte irgendwie aus meinem Mund. Ekel war auch dabei. Keine Ahnung was das war und woher das kam. Aber das interessante ist, es war und ist nicht mehr.

Yoga muss nicht deine spirituelle Übung sein, vielleicht ist es was anderes. Und das ist auch okay so. Ich wollte hier lediglich meine Erfahrung teilen. Vielleicht geht es dir auch so?

Bitte um Unterstützung

Dass man alles selbst machen soll ist ein Irrglaube, meiner Ansicht nach ein schädlicher Glaubenssatz der mehr zerstört als tatsächlich aufbaut. Ein Glaubenssatz, der vielleicht eher auf falschem Stolz, Scham, Misstrauen, also Angst, basiert. Es ist wundervoll, Hilfe annehmen und geben zu können (auch das durfte ich lernen).

Und wie gesagt. Wenn die Freundin, der Partner, der Vater oder der Psychotherapeut nicht helfen, einfach weiter suchen. Nicht aufgeben! Nur Mut.

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Buchempfehlung:

 

Estrella Piechulek

Liebe, Wahrheit und Weisheit

Es geht vorrangig um dich, deinen Gang und deinen Weg, nicht um das Endziel. Es sind die Schritte und Momente dazwischen, die wirklich zählen. Verliebt im Leben! Millionenfach wurde mein Herz gebrochen, meine Liebe ist umso mehr gewachsen. Ich freue mich, euch in eurem Weg zu inspirieren.

Estrella Piechulek

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